Granatum. Granatbaum. Myrtaceae.

Botanical name: 

Name: Púnica granátum L. Granatapfelbaum. Französisch: Grenadier; englisch: Pomegranate; italienisch: Melagrano, granato; dänisch: Granatäbleträ; tschechisch: Granátový strom; ungarisch: Gránátfa.

Weiteres Vorkommen: Südl. Asien, Süd-Afrika, Süd-Amerika, Australien.

Namensursprung: Punica wird vom lateinischen puniceus abgeleitet, welches sowohl purpurrot als punisch bedeutet, unter Bezug auf die rote Farbe der Blüten und Früchte oder auf das häufige Vorkommen des Baumes in der Nähe von Karthago, woher die Römer hauptsächlich die Granatäpfel bezogen; granatum = mit Körnern versehen kommt vom lateinischen granum = Korn, Kern, Samen wegen der vielen Samenkörner.

Botanisches: Punica granatum kommt sowohl als Strauch wie als Baum (bis zu 8 m Höhe) vor. Die lederartigen Blätter sind länglich-lanzettlich oder länglich bis verkehrt-ei-förmig und mehr oder weniger zugespitzt. Sie werden bis zu 5 cm lang und 3,5 cm breit. Die Blüten stehen in den obersten Blattachseln einzeln oder zu dreien. Unterkelch, Kelch- und Kronenblätter sind scharlachrot gefärbt, ebenso die Fäden der zahlreichen Staubgefäße. Die fast kugelige, apfelförmige Frucht hat etwa 12 cm im Durchmesser und wird grünlich, gelb oder blutrot. Der Granatapfel wird gegenwärtig in den subtropischen Gebieten aller Erdteile kultiviert. Die Urheimat liegt wahrscheinlich zwischen dem Kaspischen Meer, dem Persischen Meerbusen und dem Mittelmeer. Blütezeit in Europa: Juni bis Juli.

Geschichtliches und Allgemeines:

Als eines der ältesten und beliebtesten Kulturgewächse spielt der Granatapfelbaum im Kulte der alten Völker eine große Rolle, und zwar bereits im syrischphönizischen Götterdienste, dann als "ahrmani" bei den Ägyptern, wo er schon 2500 v. Chr. bekannt war. Die alten Kunstdenkmäler der Assyrer und Ägypter zeigen häufig Darstellungen des Granatapfels, und in den Gräbern der letzteren sind noch gut erhaltene Granatfrüchte aufgefunden worden. Aus dem säuerlichen, durstlöschenden Fruchtfleisch wurde eine Limonade hergestellt, die in den altägyptischen Texten als "schedech-it" erwähnt wird. Der griechische Mythus läßt die Granate aus vergossenem Blute entstehen und hält sie für einen Baum der Unterwelt. Die Granatäpfel galten infolge ihres Kernreichtums für ein Symbol der Fruchtbarkeit, sie waren der Persephone, Hera, dem Adonis und der Demeter geweiht. Theophrast (4. Jahrhundert v. Chr.) weist schon auf die gefüllten Blüten hin. Als Sinnbild der Fruchtbarkeit warfen die Gäste in alten hellenischen Zeiten - wie noch jetzt - beim Eintritt eines Brautpaares einen Granatapfel auf den Boden, um ihn zu zertrümmern, als Vorstellung von Glück, Überfluß, reichem Segen und Fruchtbarkeit. Auch bei den Römern hatte der Baum eine gewisse sakrale Bedeutung, so trug nach altrömischem Opferritual die Gattin des Oberpriesters einen Granatapfelzweig auf dem Kopfe. Die Blätter wurden äußerlich als Umschläge gebraucht und Granatzweige in den Krankenzimmern aufgestellt. Die Blumen (Cytini), die Schalen der Früchte (Sidia) und die Wurzeln wurden häufig gegen den Bandwurm angewandt (Dioskurides, Celsus, Plinius). Cato empfiehlt den Saft der Früchte mit Wein gemischt zu dem gleichen Zwecke. Asclepiades und Scribonius Largus rühmen den Roob der Früchte bei Diarrhöe. Auch den Chinesen war die wurmabtreibende Wirkung der Granatfrüchte bereits in frühester Zeit bekannt. - Die Schale der Früchte wurde im Altertum - wie auch noch heute in Tunis - zum Gerben gebraucht, die Rinde zum Bartfärben.

In Spanien soll die Kultur des Granatapfelbaumes im 8. Jahrhundert durch die Araber eingeführt worden sein. Die im 10. Jahrhundert gegründete Stadt Granada erhielt von der Granate, welche auch das Stadtwappen zeigt, ihren Namen. Bald darauf wurde der Baum auch in Deutschland eingeführt. Im Mittelalter war der Granatapfel das Symbol der die köstlichste Frucht gebärenden Jungfrau Maria, die Blüte das Sinnbild der feurigen Liebe.

Der Gebrauch der Stamm- und Wurzelrinde als starkwirkendes Taenifugium, der im Altertum schon bekannt gewesen war, war im Mittelalter in Vergessenheit geraten und kam erst 1807 durch Buchanan, der ihre Wirkung bei den Hindus in Indien beobachtet hatte, in Gebrauch. In Südeuropa wird aus dem säuerlichen Fruchtfleisch ein durststillender Sirup (Grenadine) hergestellt, durch Gärung wird der Granatapfelwein bereitet. Die Früchte haben durch die Orangen als Obstfrucht stark eingebüßt und werden jetzt mehr als Schmuck verwandt.

Wirkung

Von Hippokrates (Fuchs, Hippokrates Sämtl. Werke, Bd. 1, S. 331, Bd. 2, S. 354, 366, 498, Bd. 3, S. 287, 329, 343, 355, 367, 438, 463 u. a.) wurden die Granatbaumblätter als Wundheil- und entzündungswidriges Mittel, der Saft der Früchte zu Uteruseinlagen und Spülungen verordnet.

Paracelsus (Paracelsus Sämtl. Werke, Bd. 3, S. 550.) benützte gegen Entzündungen die Granat rinde. Granatäpfel, -kerne, -blüten und Fruchtrinde haben nach Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 79 D.), Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 381.) und Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 77.) adstringierende, stopfende, kühlende und fieberwidrige, blutstillende und wurmtreibende Wirkung.

Auch v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 713.) und Hecker (Hecker, Pract. Arzneimittell., 1814, Bd. 1, S. 371.) führen nur diese Pflanzenteile, nicht aber die Samen und Wurzelrinde, an.

Die gleichen Indikationen wie Bock erwähnt Osiander (Osiander, Volkarzneymittel, 1826, S. 9, 193, 226, 366.).

In China (Tsutomu Ishidoya, Chinesische Drogen, Teil I, S. 67; Hübotter, Beiträge zur Kenntnis der chinesischen sowie tibetisch-mongolischen Pharmakologie, S. 74, 162, Berlin 1913.) werden die Granatäpfel (An-shih-liu) als Mittel gegen Dysenterie, die Rinde bei Magenkrankheiten und Krankheiten mit starker Schleimbildung und subfebrilen Temperaturen gebraucht, während in Indien (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, Bd. II, S. 113, London 1880; J. Kloppenburg-Versteegh, Wenken en Raadgevingen betreffende het gebruik van Indische Planten, Vruchten enz., s'-Graven-hage 1934.) die Rinde bei Diarrhöe und chronischer Dysenterie, meist in Verbindung mit Opium, sehr geschätzt wird.

Nach Kloppenburg - Versteegh wird sie anstatt mit Opium auch mit den gleichen Teilen Simaruba amara gern gegeben. Bei der bazillären Ruhr wird als drittes Mittel noch Cinchona Ledgeriana zugefügt (von jedem 5 g mit ½ Liter Wasser eine Stunde lang kalt ziehen lassen und stündlich ein Likörglas trinken). Ein Absud von den Blumenknospen wird gegen Magenkrankheiten empfohlen.

Clarus (Clarus, Handb. d. spec. Arzneimittell., 1860, S. 1075.) verordnete mit gutem Erfolg die Wurzelrinde gegen Taenia solium und berichtet, daß auch die Rinde des in Deutschland kultivierten Granatbaumes wirksam sei; so habe Professor Wunderlich gute Wirkung von der Rinde eines im Tübinger Botanischen Garten gezogenen Baumes gesehen.

Potter (Potter, Mat. med., 1898, S. 295.) empfiehlt sie als selten versagendes Mittel, um den ganzen Bandwurm abzutreiben.

Klein (Klein, B., Abst. in Trop. Dis. Bull., Bd. 24, Nr. 3, S. 183, 1926.) konnte durch Einläufe (65 ccm einer Mazeration der Rinde vermittelst der Einhornschen Sonde in das Duodenum gebracht) in 17 Fällen gegen Bandwurm Erfolg sehen.

Nach Chopra und Chandler (R. N. Chopra and Asa C. Chandler, Anthelmintics and Their Uses, S. 96, London 1928.) ist für die Wirksamkeit als Bandwurmmittel die Art der Vorbehandlung sehr wichtig, und zwar soll zwei Tage vorher nur flüssige Diät genossen und am Abend vor der Verabreichung der Cort. Granati ein starkes, salinisches Purgans gegeben werden.

Ihre Wirkung als Taenifugium wurde experimentell u. a. von Flemming, Pollock, Breton und Gomès untersucht, von denen letzterer in ein Dekokt der Rinde Bandwürmer brachte, die darin sofort getötet wurden (Flemming, Pollock, Breton and Gomès, zit. b. Leclerc, Précis de Phytothérap., S. 30.).

Durch ihren starken Gerbsäuregehalt (bis 22%) kann die Granatwurzelrinde Gerbung des Magens verursachen (Kamnitzer, Wirkg. d. Granatwurzelrinde, Berlin 1883.), die u. U. den Tod zur Folge haben kann (Lewin, Nebenwirkungen d. Arzneimittel, 1899, S. 625.). Häufig werden Nausea und Vomitus (Meyer-Gottlieb, Exp. Pharm., S. 671.), vereinzelt auch Blutbrechen (Forget, Bull. géner. de Thérapeut. 1838, T. XIV, S. 269.) beobachtet.

Das in ihr enthaltene Pelletierin (Wehmer, Die Pflanzenstoffe, S. 817.) ist ein spezifisches Bandwurmgift (v. Schröder, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm., 18, S. 381, 1884.), ebenso das Isopelletierin, das u. U. Magendarmstörungen (sogar von choleraartigem Charakter) ((Vgl. 17.) und Magenschleimhautblutungen (Jaksch, Vergiftungen, i. Nothnagels Spez. Path. u. Ther., 1897, Bd. 1.) hervorrufen und Sehschwäche, sogar Sehnervenzerstörungen verursachen kann (v. Groß, Erblindg. durch Granatwurzel, ärztl. Verein Budapest 1895.). Es erregt das Zentralnervensystem und erzeugt Schwindel, Schwächegefühl und Paresen ((Vgl. 17).), allgemeine Prostration (Landis, University Medic. Magazin, Philad. 1888-89, S. 639.), Pulsverlangsamung, Schweißausbruch, Kollaps, Muskelsteifigkeit und Konvulsionen (Kobert, Lehrb. d. Intoxikat., S. 650.).

Auf Askariden wirkt das Pelletierin nicht (v. Schröder, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm., 19, S. 296, 1885; hinsichtlich der Wirkung auf andere Tiere s. Heffter-Heubner, Handb. d. exp. Pharm., Bd. II, S. 320.). Chemisch ist dieses Alkaloid ein Aldehyd des Coniins, also dem Schierlingsgift nahe verwandt (Heß u. Eichel, Ber. d. dtsch. chem. Ges. 1917, S. 1192.).

Die Homöopathie (Heinigke, Handb. d. hom. Arzneiwirkungsl., S. 280.) verwendet Granatum bei nervösen Störungen (verursacht durch Anwesenheit von Würmern im Darm), bei Affektionen (Neurosen) der Magen- und Darmnerven anderer Art, bei Kolik und krampfhaften Zuständen der Bauchmuskeln, bei Neigung zu Bruchbildung, bei Nervenreißen und Krämpfen der Glieder, bei Katarrh der Harnröhre, bei Blutandrang nach der Gebärmutter - Endometritis -, Weißfluß.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Granatum wird als Bandwurmmittel verordnet. Es ist nicht so giftig wie Filix mas, aber doch weniger harmlos als Kamala und Cucurbita pepo. Zu berücksichtigen ist es in kleineren Gaben ferner bei Diarrhöen, chronischem Magenkatarrh (hier im Wechsel mit Abrotanum), Magendarmneurosen, Kolik, Bauchmuskelkrämpfen, Vertigo und Stimmritzenkrampf. Bei den Folgen von Nikotinmißbrauch empfiehlt es Ulrich besonders.

Recht nützlich ist es auch bei Fluor albus, während das Öl zu Einreibungen bei Gicht und Rheuma gebraucht wird.

Angewandter Pflanzenteil:

Während Hippokrates die Blätter und den Saft der Frucht arzneilich anwendet, verordnet Paracelsus in einem Rezept Cortex Granatorum.

Die mittelalterlichen Kräuterbücher, Bock, Matthiolus, Lonicerus, geben Blüten, Samen und Fruchtschalen als verwendet an.

v. Haller und Hecker erwähnen nur die Schalen der Granatäpfel.

Osiander, der ebenfalls vom Saft und den Schalen der Frucht spricht, führt auch eine Abkochung der Granatapfelwurzel an. Er zitierte dabei Celsus (IV, 17) und fügt hinzu: "Das Mittel wurde in unsern Tagen wieder, als etwas Neues, empfohlen." Ähnliche Ausführungen macht Geiger.

Die späteren Literaturstellen nennen zunächst die Wurzelrinde, so Buchheim, Clarus, Clarke und Allen.

Als Taenifugium bezeichnet auch Dragendorff die Wurzelrinde.

Die für die Bandwürmer giftigen Stoffe sind das Pelletierin und das Isopelletierin.

Beide finden sich in Wurzel-, Stamm- und Zweigrinde, so daß nun auch die Rinde der oberirdischen Teile mit verwendet wird. Diese Angaben finden sich bei Potter, Stauffer, Lewin, Heinigke, Marfori-Bachem und Kobert.

Nach Wehmer enthält die Stamm- bzw. Zweigrinde halb so viel an wirksamen Stoffen wie die Rinde der Wurzel.

Nach dem HAB. wird die Rinde von Stamm und Wurzel zur Herstellung der homöopathischen Tinktur verwendet (§ 4). Auch zur Bereitung des "Teep" wird die Rinde der Wurzel und der oberirdischen Teile benutzt. Cortex Granati ist offizinell in allen Staaten mit Ausnahme von Finnland, Schweden und Norwegen.

Dosierung:

Übliche Dosis:
40-60 g im Dekokt als Taenifugium (Clarus, Hager);
1,5-2,5 des im DAB. V noch genannten, ins Ergb. aufgenommenen Fluidextraktes bei Magen- und Darmerkrankungen;
5-20 g der Rinde als Taenifugium bei Hunden und Katzen (Hager).
1-2 Tabletten der Pflanzenverreibung "Teep" bei Magenleiden dreimal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Cort. Granati oder bei einem Alkaloidgehalt der Rinde von 0,4% 0,5 mg Gesamtalkaloide.)

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt, doch verursachte ein Dekokt von 150 g Rinde den Tod (Hager).

In der Homöopathie:

dil. D 1-3.

Rezepte:

Als Taenifugium (F. M. Germ.) (Wenn 2-3 Stunden nach Verabreichung von Zubereitungen aus Cort. Granati kein Stuhlgang erfolgt ist, muß ein Purgans (Calomel oder Glaubersalz) gegeben werden. Wichtig bei der Verordnung ist eine Vorbereitungskur (abends Heringssalat, morgens schwarzen, stark gesüßten Kaffee).)

Rp.:
Cort. Granati . . . 60
mac. per horas 24 cum
Aq. destill. . . . 300
Deinde coque ad colat. . . . 150
adde
Extract. Filicis aether. . . . 2
D.s.: In drei Portionen tagsüber zu nehmen.
Rezepturpreis etwa 2.50 RM.

Oder (nach F. M. Germ.):

Rp.:
Cort. Granati . . . 25
mac. cum
Aquae destillatae . . . 250
per horas 24.
Deinde coq. cum
Rhiz. Filicis recentis . . . 15
ad colat. . . . 150
D.s.: Vgl. oben.
Rezepturpreis etwa 1.75.

Als Taenifugium (nach Klemperer-Rost):

Rp.:
Cort. Granati . . . 30
Aq. frigid. . . . 300
macera duodecim horas,
tum coque usque ad colaturam . . . 250
adde
Sirupi Zingiberis . . . 30
D.s.: In 2 Portionen mit Zwischenraum von ½ Stunde zu verbrauchen. Der Sir. Zingiberis hindert am besten das nur zu oft durch die 1. Portion der Abkochung hervorgerufene Erbrechen.

Bei Magenkatarrh und Diarrhöen (Hager):

Rp.:
Extracti Granati . . . 5
Spiritus . . . 5
Sirupi simplicis . . . 90
M.d.s.: Mehrmals täglich ½ Teelöffel voll.
Rezepturpreis etwa 2.25 RM.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.