Yohimbe. Rubiaceae.

Botanical name: 

Name: Pausinystália yohímbe Pierre. Yohimbe (= Johimbébé, Yumbehoa, Yohimboa).

Namensursprung: Yohimbe ist die Bezeichnung des Baumes bei den westafrikanischen Eingeborenen.

Botanisches: Pausinystalia yohimbe ist ein Baum von etwa 30 m Höhe. Er hat länglicheiförmige, große Blätter mit sehr kurzen Stielen, die im oberen Drittel am breitesten sind und in dreigliedrigen Wirteln stehen. Die Nebenblätter sind eiförmig-lanzettlich. Die Blüten sind sitzend oder kurz gestielt und bilden reichblütige Rispen. Kelchzipfel und Kronenblätter sind je vier oder fünf vorhanden. Die Blüte ist erst weiß, wird dann gelb und schließlich rosa. Die Frucht ist 1-1 ½ cm lang. Der Baum ist in Westafrika heimisch und kommt von der Küste bis in eine Höhe von 450 m vor.

Geschichtliches und Allgemeines:

Die Yohimberinde ist den Eingeborenen Westafrikas schon lange als starkes Aphrodisiakum bekannt. Ihre Einführung in die europäische Heilkunde veranlaßte Kapitän Lüttke der Wörmann-Linie, der ihren Gebrauch bei den Weijungen, Jaundis und Balis beobachtet hatte und die Rinde zur Untersuchung nach Deutschland schickte.

Wirkung

Der Gesamtalkaloidgehalt vom Yohimbe soll nach Angaben von Brandt (Brandt, Arch. Pharm. 1922, Bd. 260, S. 49.) bis zu 6,1% betragen; nach Perrot und Raymond-Hamet (Perrot et Raymond-Hamet, Bull. Sci. pharmacol., 39, 593-97, Nov. 1932 (C. C. 1933.) schwankt er zwischen 5,35 und 9,35%. Der Gehalt an Yohimbin beträgt zwischen 1,67 und 3,40%. Seit der Isolierung des Yohimbins durch Spiegel (Spiegel, Chemiker-Ztg. 1896, S. 970.) im Jahre 1896 sind zahlreiche pharmakologische und klinische Prüfungen des Mittels vorgenommen worden, die die Literatur darüber stark anschwellen ließen. Leider wurde stets nur mit dem Alkaloid, nie mit der ganzen Rinde gearbeitet.

Die ersten Versuche über die therapeutische Wirksamkeit wurden von Mendel (Mendel, Ther. d. Gegenw. 1900, S. 597.) durchgeführt, der die aphrodisierende Wirkung bestätigte und bei Impotenz infolge reizbarer Schwäche oder Paralyse beachtenswerte Ergebnisse erzielte. Diese blieben aus, wenn die Impotenz durch Tabes oder andere organische Erkrankungen bedingt war.

Berger (Berger, D. m. W. 1901, S. 269, M. m. W. 1902, S. 86.) heilte funktionelle Impotentia virilis.

Dammann (Dammann, Medizin. Klinik 1906, S. 1361.) konnte beweisen, daß auch die Libido durch Yohimbin gesteigert wird, daß es also nicht nur bei Männern, sondern auch bei Frauen angewandt werden kann.

Von den außerordentlich zahlreichen Arbeiten, die sich mit der Wirkung des Yohimbins bzw. seiner Nebenalkaloide als Aphrodisiakum befassen, seien nur die von Hellmer, Poltawzeff, Bab, Luzza, Tausig, Hübner, Lißmann, Hesse und Langer genannt (Tausig, Wien. med. Presse 1902, S. 2077; Hellmer, Berl. klin. Wschr. 1903, Nr. 51, S. 1183; Poltawzeff, Russ. med. Rundschau 1903, Nr. 4, S. 338; Bab, Ztrbl. f. Gynäkol. 1909, Bd. 33, Nr. 45; Luzza, Gazetta d. ospedali e d. cliniche 1906, Nr. 63; Hübner, Dermat. Ztschr. 1912, Bd. 19, S. 863; Lißmann (epidurale Injektion), Neurol. Ztrbl. 1914, S. 417; Hesse u. Langer, Medizin. Klinik 1931, Nr. 42, S. 1536.).

In der Veterinärpraxis hat sich das Yohimbin als Aphrodisiakum eingebürgert und wird hier - neben zahlreichen anderen Autoren - von Ficarelli, Loer, Vogel und Holterbach warm empfohlen. Letzterer verordnet es außerdem gegen anhaltendes Erbrechen und spinale Lähmung der Tiere (Ficarelli, Giorn. d. reale società ed academ. veterin. ital. 1904, Nr. 8; Loer, Berl. tierärztl. Wschr. 1910, S. 113; Vogel, Berl. tierärztl. Wschr. 1910, S. 408; Holterbach, Berl. tierärztl. Wschr. 1907, S. 327 u. 600.).

Bei Kühen und Schafen war eine kurz andauernde Steigerung der Milchmenge innerhalb der Zeit der Verabreichung des Yohimbins feststellbar (Kronacher, Berl. tierärztl. Wschr., 26, 245, 1910.). Zur Verwendung in der gynäkologischen Praxis wurde Yohimbe von Toff (Toff, D. m. W. 1904, S. 1577.) empfohlen, der es bei Unregelmäßigkeiten der Menstruation, periodischer Amenorrhöe und Dysmenorrhöe, wenn die Beschwerden auf ungenügender Blutzufuhr basierten, erfolgreich verordnete.

Bei Dysmenorrhöe sah auch Greinert (Greinert. D. m. W. 1904, S. 267.) nach Yohimbebehandlung rasches Nachlassen der Schmerzen, verstärkte Blutung, aber Verkürzung der Gesamtdauer und Besserung des Allgemeinbefindens.

Fritsch (Fritsch, D. m. W. 1911, S. 1266; 1912, S. 1980.) sah durch Yohimbin günstige Beeinflussung von Störungen des uropoetischen Systems im vorgerückten Lebensalter, wobei Harndrang und Incontinentia urinae sich verloren.

Nach Löwy und Rosenberg (Löwy u. Rosenberg, Arch. f. exp. Pathol. 1914, Bd. 78, S. 108.) läßt sich die Linderung der Blasenbeschwerden alter Prostatiker durch die nach großen Yohimbingaben auftretende Erschlaffung der Blasenmuskulatur und die dadurch erhöhte Kapazität der Blase erklären.

Kontraindiziert ist Yohimbin bei akuten und chronischen Entzündungen oder Hyperämie der Abdominalorgane (Vgl. 5.) und bei Albuminurie (Marfori-Bachem, Lehrb. d. klin. Pharm., S. 378.).

Yohimbin reizt das im Sakralmark gelegene Reflexzentrum, insbesondere das Erektionszentrum, und erweitert gleichzeitig peripher durch direkte Einwirkung auf die Gefäßwand die Gefäße, namentlich die der Genitalorgane, so daß eine größere Blutmenge zuströmt, woraus sich die aphrodisierende Wirkung ergibt (Meyer-Gottlieb, Exp. Pharm., S. 253, 457.). Ebenso werden die Gefäße der Haut, der Nieren und des Darmkanals dilatiert, die Milzgefäße dagegen verengert (Müller, Arch. intern. de Pharmacodyn. et de thér. 1907, Bd. 17, S. 65, 81.). Infolge der Dilatation setzt es Gefäßspasmen herab (Vgl. 15).).

Auch auf die gesamten Arterien kann Yohimbin erschlaffend wirken, indem es die sympathischen Vasokonstriktoren-Nervenenden in den Gefäßen lähmt; die vasomotorischen Karotissinusreflexe werden unterdrückt (Vgl. 16) et Heymans et Bouckaert, Arch. intern. Pharm. et de Thér. 1930, Bd. 38.).

Da es aber den Tonus der glatten Muskulatur und dadurch auch den mancher Gefäße steigert, hängt es von der Größe der verordneten Dosis ab, ob eine Erhöhung oder Senkung des Blutdruckes bewirkt wird. Es ähnelt darin wie in seiner sonstigen Wirkung dem Ergotoxin (Vgl. 15).).

In kleinen Dosen verursacht Yohimbin Lebhaftigkeit, Hyperämie peripherer Teile, Turgor in den Testes und Erektionen, nach großen Dosen Aufregung mit lange anhaltenden Erektionen, Muskelzittern, Salivation, Diarrhöe und Krämpfe (Poulsson, Lehrb. d. Pharm., S. 204.), auch Störungen der Herztätigkeit (Kobert, Lehrb. d. Pharmakother., S. 624.) und schließlich Herzlähmung durch Schädigung des Herzmuskels (Vgl. 16).).

Nach Schleimhautpinselungen zwecks Anästhesierung traten Salivation und Hyperämie, die leicht zu sekundären Blutungen führten, auf, und subkutane Injektionen verursachten Frostgefühl oder Schweißausbruch mit Schwächegefühl. Auch roseolaähnliches Erythem mit nachfolgender Abschuppung wurde beobachtet (Seifert, Nebenwirkungen moderner Arzneimittel, S. 153, Würzburg 1915.).

Bei Injektion starker Dosen erfolgte Atemlähmung (Vgl. 16) u. Kreitmair, Mercks Jahresber. 1928, S. 24.).

Berger (Vgl. 5.) beobachtete nach Gebrauch höherer Dosen Leberkoliken und Leberanschoppung, Goulon (Goulon, Arch. génér. de médecine 1903, S. 2822.) sah eine pruriginöse Hautaffektion des ganzen Körpers, und Hübner (Hübner, vgl. 7.) stellte geringe Eiweißausscheidung und leichte anatomische Veränderungen (im Tierversuch) fest, weshalb er bei längerem Yohimbegebrauch eine wiederholte Kontrolle des Urins für nötig hält.

Yohimbin wirkt auch lokalanästhetisch und ruft insbesondere Pupillenerweiterung und Anästhesie der Konjunktiva und Kornea hervor (Vgl. 14).).

Läßt man auf Yohimbin verhältnismäßig hohe Temperaturen einwirken, so ergeben sich große Absorptionsunterschiede und somit weitgehende Zersetzung. Auch durch den Einfluß von Sauerstoff entsteht ein neues Absorptionsgebiet, während unter Ausschluß von Sauerstoff (Stickstoff-, Kohlensäureatmosphäre) bei Anwendung mäßiger Hitze nur geringfügige Abweichungen in den Absorptionskurven erkennbar sind. Für die Sterilisation von Yohimbin-Lösungen verdient infolgedessen ein Vorschlag von K. Kollo Beachtung, der die Abfüllung in Ampullen im Kohlensäurestrom empfiehlt. Wegen des großen Einflusses, den gerade erhöhte Temperatur auf die Beständigkeit von Yohimbinlösungen ausübt, erscheint auch als zweckmäßigste Art der Sterilisation das Tyndallisieren, besonders auch deshalb, weil die Dauer des Erhitzens auf die Zersetzungen nur von untergeordneter Bedeutung ist (R. Dietzel, Fortschr. d. Therapie 1937, H. 3, S. 155.).

Da außer dem Yohimbin noch andere wirksame Stoffe in Cortex Yohimbe enthalten sind, u. a. die Nebenalkaloide Allo-Yohimbin, Iso-Yohimbin, Yohimben, eisengrünender Gerbstoff (Wehmer, Pflanzenstoffe, II, 1931, S. 1149.), ist es zweckmäßiger, statt der Einzelsubstanz das Pulver der ganzen Rinde zu verordnen.

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Yohimbe wird verordnet bei neurasthenischer Impotenz, Ejaculatio praecox und Dysmenorrhöe. Weiter hat es sich zur Kreislaufregulierung, insbesondere zur Herabsetzung des Blutdruckes bei Arteriosklerose, gegen andere Alterserscheinungen und innersekretorische Drüsenstörungen als nützlich erwiesen. Weiß, Frankenthal, konnte allerdings weder nach der Anwendung des Yohimbins noch der des Wurzelpulvers eine erotische Wirkung beobachten.

Angewandter Pflanzenteil:

In der Literatur finden sich nur Angaben über die Verwendung der Rinde, so bei Kobert, Zörnig, Clarke, Marfori-Bachem, Heinigke, Thoms und Hager.

Das HAB. führt Yohimbe nicht an. Das "Teep" wird aus der getrockneten Rinde gewonnen, solange die frische nicht zu erhalten ist.

Dosierung:

Übliche Dosis:
0,5 g Cort. Yohimbe (Haffner-Schultz);
0,005 g Yohimbinum hydrochloricum dreimal täglich (Hager).
1-3 Tabletten der Pflanzenverreibung "Teep".
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 50% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,125 g Cort. Yohimbe.)

Maximaldosis:

Yohimbinum hydrochloricum 0,03 g pro dosi, 0,1 g pro die (DAB. VI).

Rezeptpflichtig:

Yohimbinum et ejus salia.

Rezepte:

Als Aphrodisiakum (nach Meyer):

Vgl. Rezeptvorschriften bei Muira puama S. 1933.


Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.