Chenopodium olidum. Stinkender Gänsefuß. Chenopodiaceae.

Botanical name: 

Photo 135. Stinkender Gänsefuss. Karte 095. Chenopodium olidum. Name: Chenopódium vulvaria L. (= Chenopodium olidum Curt., = Ch. foetidum Lam., = Atriplex Vulvaria Crantz, = Anserina foetida Montand). Stinkender Gänsefuß, Stinkkraut. Französisch: Arroche puante, vulvaire; italienisch: Brinajola, connina; dänisch: Stinkende Gaasefod; norwegisch: Stinkende melde; schwedisch: Stinkmälla; tschechisch: merlìk smradlavý.

Verbreitungsgebiet: Nordafrika

Namensursprung: Die Erklärung zu Chenopodium s. Chenopodium ambrosioides; olidum = riechend, stinkend in bezug auf den höchst unangenehmen Geruch der Pflanze, der von dem in ihr enthaltenen Trimethylamin ([CH3]3N), dem gleichen Stoff, welcher auch in der Heringslake vorkommt, herrührt.

Volkstümliche Bezeichnungen: Fotzenkraut (Fotz = vulva), Stenker, Stenkarna, von stinken (Schwäbische Alb).

Botanisches: Die Pflanze ist meist einjährig. Sie ist 15-40 cm hoch und mehlig bestäubt, graugrün. Die langgestielten Blätter sind breit-rhombisch bis eiförmig und ganzrandig. Die kleinen Blütenstände stehen geknäuelt am Ende des Stengels und der Äste und bilden rispige gehäufte Scheinähren. Die Blütenhülle ist gelbgrün, zwei- bis fünfspaltig, zur Fruchtzeit aufrecht, die Frucht bedeckend. Die Staubfäden sind dick, pfriemlich und am Grunde schmal ringförmig miteinander verbunden. Griffel kurz mit fadenförmigen Narben. Die Pflanze riecht unangenehm nach Heringslake. Blütezeit: Mai bis September.

Der Stinkende Gänsefuß wächst an Wegen, auf Schutt und an Mauern, wo er aber meist unbeständig auftritt. Er ist eine typische Ruderalpflanze und wächst mit Vorliebe an solchen Stellen, die vom Harn der Tiere und des Menschen getränkt werden. (Salpeterpflanze.) Chenopodium olidum ist heimisch in Mittelund Südeuropa, in den kaukasischen Ländern, im Orient und Nordafrika.

Geschichtliches und Allgemeines:

Früher war die Pflanze als Herba Vulvariae oder Herba Atriplicis besonders gegen Krämpfe im Gebrauch. Die alten Botaniker nannten sie auch Garosmon wegen des faulen Heringen ähnlichen Geruches, vgl. oben. Das Kraut liefert eine dauerhafte gelbe Farbe.

Wirkung

Die "stinkende Hundsmilte" steht bei Lonicerus (Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 267.), Bock (Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 267.) und Matthiolus (Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 193 D.) in dem Rufe, aus faulen Wunden des Viehs die Würmer zu vertreiben.

Nach v. Haller (v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1341.) und Buchheim (Buchheim, Lehrb. d. Arzneimittell., 1853, S. 439.) wird sie ihres widerwärtigen Geruchs wegen bei hysterischen Affektionen gebraucht.

Auf diese Anwendungsart dürfte, wie Schulz (Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 81.) ausführt, die noch heute in der Volksmedizin übliche Verwendung der "Stinkmelde" gegen Menostase, spastische und rheumatische Leiden zurückgehen.

Stephenson und Churchill (Stephenson and Churchill, Medical Botany, Bd. III, S. 176, London 1834.) loben sie sehr als Emmenagogum und konnten von 4 mit Chenopodium olidum behandelten Fällen unterdrückter Menstruation bei 3 Patientinnen Erfolg sehen.

Auch Bentley und Trimen (Bentley and Trimen, Medicinal Plants, Bd. III, S. 216, London 1880.) kennen den Gebrauch als Emmenagogum und Anthelmintikum.

Nach Clarke (Clarke, Dictionary of Mat. Med., Bd. I, S. 471.) wird sie in der Homöopathie auch gegen Obstipation, Enuresis und Milzbeschwerden angewandt.

Die Blätter von Chenopodium olidum enthalten Trimethylamin (Dessaignes, Ann. Chem. 1852, Bd. 81, S. 106.) (das auch im Exhalat nachgewiesen ist) (Klein u. Steiner, Jahrb. wiss. Bot. 1928, Bd. 68, H. 4, S. 647, 692.), Salpeter, Phosphate, Ammoniumsalze, Gerbstoff, Betain u. a. (Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 282.).

Trimethylamin, in größeren Dosen verabreicht, veranlaßt cerebrale Krämpfe, die in wirklichen Tetanus übergehen können, steigert die Reflexerregbarkeit (Aïssa Hamdy, Etude clin. et phys. sur le propylamine et la trimèthylamine, Paris 1873.) und verursacht durch Reizung der in der Medulla oblongata gelegenen Zentren stärkste Beschleunigung der Respiration und Blutdrucksteigerung (Gaehtgens, Dorpater med. Ztschr. 1873, Bd. 4, S. 185.).

Beim Warmblüter erfolgt der Tod durch Atemstillstand (Husemann, Naunyn-Schmiedebergs Arch. f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 6, S. 55; Combenale et Brunelle, Compt. rend. Soc. Biol. 1891, S. 175.).

Einzelheiten über die Pharmakologie des Trimethylamins siehe bei Trendelenburg (Trendelenburg, i. Heffter-Heubners Handb. d. exp. Pharm., Bd. 1, S. 504.).

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Chenopodium olidum kann als Emmenagogum und Spasmolytikum innerlich und äußerlich versucht werden. Gelegentlich hat es sich bei übelriechendem Fluor albus und Rhinitis bewährt. Außerdem empfiehlt es Urbatis, Halle, noch bei Ohrensausen und Wenzel nennt es bei Leberleiden.

Angewandter Pflanzenteil:

Lonicerus, Bock und Matthiolus wenden das Kraut nur äußerlich an. v. Haller nennt das Kraut.

Nach Geiger war das Kraut als Herba Volvariae seu Atriplicis foetidae offizinell. Für das "Teep" wird die ganze frische blühende Pflanze benützt. Homöopathische Urtinktur nach dem HAB.: Ganze frische, blühende Pflanze (§ 3).

Dosierung:

Übliche Dosis:
1 Tablette der Frischpflanzenverreibung "Teep" drei- bis viermal täglich.
(Die "Teep"-Zubereitung ist auf 10% Pflanzensubstanz eingestellt, d. h. 1 Tablette enthält 0,025 g Chenopodii olidi.)

In der Homöopathie:

dil. D 1-3, dreimal täglich 10 Tropfen.

Maximaldosis:

Nicht festgesetzt.

Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, 1938, was written by Dr. Med. Gerhard Madaus.